„Mein Ziel ist nicht, jemanden zu überzeugen, sondern meine Sicht der Welt zu teilen.“ Gus Toke
Intuition ist sein Kompass. Das sichere Handwerk der Malerei sein Mittel. In seiner Kunst verwendet Gus Toke verschiedene Techniken und kombiniert sie mit Zeichnungen, Zahlen und Buchstaben. Diese fügt er teilweise zu Wörtern und Textfragmenten zusammen. Er abstrahiert, führt Elemente aus seinen Lebenswelten in teils ungewohnter Weise zusammen und eröffnet dadurch Bedeutungsfelder, die über die ästhetische Erfahrung im Betrachter und in der Betrachterin intuitive Zugänge wecken. Zugänge zu persönlichen Wahrnehmungsräumen, aber auch zu gesellschaftlichen Themen und Realitäten.
Gus Toke schöpft aus seiner inneren Erfahrung. Seine Bilder sind dicht, geladen mit Zeichen und Symbolen. Sie verraten Einiges über den Künstler, über seine Suche nach Wahrheit und Klarheit. Sie sind auch ein Abbild seiner Auseinandersetzung mit dem Aussen, mit der Welt, die ihn umgibt. Gus Toke hinterfragt, blickt gern hinter die Fassade und will die Täuschung des ersten Blicks entlarven.
Malerisch bleibt Gus Toke stets solide, eigenständig und frei. Seine Bilder zeugen von einer hohen, künstlerischen Fertigkeit. Gus Toke ist versiert, hat in seiner Heimat Bali eine fundierte Ausbildung als Künstler durchlaufen; er ist ein präziser Zeichner, kennt Techniken und Strömungen der Malerei. Seit 20 Jahren lebt der in Bali und darüber hinaus bekannte Künstler in der Schweiz. Seit zehn Jahren geht er hier im Stillen der Kunst nach. Er hat sich bewusst von der Öffentlichkeit zurückgezogen und in seinem Atelier in Zürich für sich gearbeitet – und gesucht. Nach dem reinen Ausdruck, wie er ihn bei den Künstlern der Art Brut erkennt. Nach dem Unmittelbaren und Echten.
Die Zeit des sozialen Rückzugs war eine der Transformation. Sie stand im Zeichen von Reflexion über Gesellschaft, Kunst und ihren Markt; und nicht zuletzt auch über sich selbst. Etwas habe ihm bei seiner künstlerischen Tätigkeit zuvor gefehlt, ein Teil seiner selbst. Diesen hat er erst in den vergangenen Jahren nach und nach entdeckt. Sein Ziel war und ist noch immer, zu seiner eigenen Ausdruckskraft zu gelangen, zu dieser unverblümten Ehrlichkeit, wie sie Kinder an den Tag legen.
Es ist auch die Suche nach Identität, nach dem Geist seines Ichs. Wie er es nennt. „Wie du etwas fühlst, wie du das ausdrückst, das ist schliesslich Identität“, so Gus Toke. Seine Arbeiten sollen etwas von seiner Seele beinhalten. „Mein Ziel ist nicht, die Leute zu überzeugen.“ Stattdessen will er eine Begegnung ermöglichen, in gewisser Weise eine Begegnung von Herz zu Herz. Die Isolation hat ihn bereichert; er hat beobachtet, wahrgenommen und aufgenommen, was er für seine Entwicklung brauchte, gleichzeitig hat er sich auch geschützt vor Einflüssen, die ihn von sich selbst abbringen könnten.
Mit fünf Jahren wusste Gus Toke, dass er Künstler werden wollte. Er ist diesen Weg unbeirrbar gegangen. Sein Talent wurde erkannt und er gefördert. Dutzende Skizzen hat er täglich gemacht, um zu üben und Selbstverständlichkeit zu erlangen. Das Erlernte aber wollte er an einem gewissen Punkt ablegen. Seine Bilder sind auch Spuren von einem Ausbrechen, einem Hinter-sich-Lassen des Vertrauten und des sicheren Terrains. Von einem Ringen um totale Freiheit. Technisch wie inhaltlich.
In seinen jüngsten Malereien kombiniert Gus Toke Gegensätze, schafft Kontraste. So vereinen die Bilder intuitives Schaffen, rationale Herangehensweisen und intellektuelle Auseinandersetzung. Sie eröffnen gleichzeitig ein Spannungsfeld zwischen Zugehörigkeit und Abgrenzung. Sei es kulturell als Balinese in der Schweiz oder sei es malerisch als ausgebildeter Künstler, der sich bewusst vom Kunstrummel abwendet. Gus Toke hat sich unabhängig des Kunstmarktes positioniert. Menschlich aber ist er Teil der Gesellschaft. „Ich benötige andere als Spiegel“, so Gus Toke. Beide Seiten braucht er, um sich in einem persönlichen Gleichgewicht zu halten.
Als Künstler ist er von Fragen nach dem Sinn getrieben. Wieso sind wir da? Wohin gehen wir? Und was ist Leben? Aus der Zen-Philosophie schöpft er Inspiration. Denken ohne zu denken. Pur und rein. Dies ist sein Credo. „Ich brauchte 40 Jahre, um wieder Kind zu werden“, sagt Gus Toke. Am Ende ist es die Suche nach Wahrheit, die ihn antreibt, das Streben nach Ruhe in sich selbst.
Vanessa Simili